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Inspiriert von Yvi und Tammy - Danke für das Foto :-D

 

 

Mit letzter Kraft bewegte ich mich vorwärts. Noch hatte ich mein Ziel vor Augen. Doch die Kälte nagte an meinen Gliedern und nahm mir alle Kraft. Das Schneetreiben um mich herum wurde immer stärker. Das Tosen des Windes immer lauter. Der Schnee wirbelte dicht umher. Er setzte sich auf meine Kleider und auf mein Haar.

Immer wieder musste ich mich von dieser weißen Pracht befreien, die mich zu ersticken drohte. Doch ich wurde immer wieder von Neuem eingeschneit. Meine Kleidung war durchnässt und fing sogar schon an zu gefrieren. Steif scheuerten die Hosen über meine Beine, reizten die kalte Haut und rissen erste Wunden auf.

Es schmerzte so sehr! Meine Hände waren taub, die Finger schon blau und steif. Ich konnte sie kaum noch bewegen. Meine Lippen, tiefblau gefärbt, waren kalt, trocken und spröde. Ich konnte spüren, wie die ersten Risse aufplatzen. Weitere Schmerzen breiteten sich in mir aus. Wie lange irrte ich schon in dieser eisigen Kälte umher? Wie lange war ich schon auf der Suche nach meinem Zuhause? Mehrere Stunden waren sicherlich schon vergangen!

Schritt für Schritt, Qual um Qual kämpfte ich mich voran. Orientierungslos war ich in der Nacht verloren. Wann würde die Nacht endlich vorbei sein? Würde ich den nächsten Morgen erleben? Würde ich die Sonne nochmals aufgehen sehen? Könnte ich diese Nacht überhaupt durchstehen? Darüber zu entscheiden, lag leider nicht in meiner Macht. Dieses Mal war ich nicht meines Schicksals eigener Schmied. Irgendjemand anderes würde über mich entscheide, doch wie die Entscheidung ausfallen sollte, wusste ich leider nicht.

Nur noch schleppend kam ich langsam vorwärts. Jede Bewegung setzte mir mehr Schmerzen zu.
Ich fühlte nichts als Taubheit, Kälte und Schmerz. Tiefe Bitterkeit durchströmte mich und ich hoffte auf eine bessere Zeit! Wer ließ zu, dass ich solche Qualen erleiden musste? Ich stolperte über meine eigenen Füße und stürzte zu Boden. Mit dem Gesicht voran lag ich im Schnee und schmeckte die Kälte des Eises auf meiner Zunge.

Es wäre jetzt so einfach gewesen, sich dieser Milde hinzugeben und einfach einzuschlafen und zu träumen. Es wäre vorbei! Kein Kämpfen mehr, keine Schmerzen und keine Qualen! Doch ich gab mir einen innerlichen Ruck. Noch war die Zeit nicht gekommen, um aufzugeben und im Schnee unterzugehen! Noch war es an der Zeit, weiter zu gehen und auf baldige Rettung zu hoffen!

Schwerfällig versuchte ich mich, aus dem Schnee zu erheben. Ich bewegte meine schmerzenden Hände und stemmte meinen vereisten Körper nach oben. Fast blieb mir vor Anstrengung und Schmerz die Luft weg. Es war unerträglich und doch musste ich es ertragen. Fast hätte ich es nicht mehr geschafft, mich aufzuraffen. Mit letzter Kraft gelang es mir, meinen Körper weit genug aufzurichten. Nun kniete ich im hohen Schnee. Auf die Beine schaffte ich nicht, denn ich konnte meine Beine nicht mehr spüren und war mir nicht sicher, ob sie meinen Körper tragen könnten.

Froh, wenigstens nicht ganz im Schnee versunken zu sein, bahnte ich mir kriechend einen Weg durch das ewige Weiß, das mich mehr und mehr umgab. Welch bemerkenswerter Kontrast. Das im Mondlicht strahlende Weiß des Schnees hob sich mystisch vor dem dunklen Hintergrund der Nacht ab.

Eigentlich wusste ich gar nicht mehr, wie ich überhaupt in diese Situation gekommen war. Ich hatte keine Erinnerungen und fast keine Hoffnung mehr. Meine einzigen Gedanken waren von der Kälte und dem Schnee erfüllt. Ich schaffte es, mich noch ein paar Meter weiter vorwärts zu bewegen, doch dann kippte ich erneut vornüber. Diesmal wusste ich, dass ich es ohne fremde Hilfe nicht noch einmal schaffen würde, mich aus dem Schnee zu erheben. Doch war leider keine Hilfe in Sicht!

Wie auch? Wer sollte denn bei so einem Wetter draußen sein? Niemand! Da schickte man nicht mal einen Hund vor die Tür. Wer würde also freiwillig einen Fuß vor die Tür setzen? Niemand außer mir! Dabei wusste ich nicht einmal mehr, warum ich eigentlich hier draußen unterwegs war. Mitten in der Nacht, im schlimmsten Schneetreiben. Warum nur? Um sinnlos zu sterben? Wieder füllte der Schnee meinen Mund. Ich hob leicht den Kopf, hustete und würgte den Schnee wieder heraus.

Mit letzter Kraft schaffte ich es, mich herumzurollen. Nun lag ich auf dem Rücken und der Schnee rieselte pausenlos auf mich herab. Die zarten Flocken bedeckten meine Kleidung. Doch mir fehlte die Kraft sie wegzuwischen. Sie rieselten leise nieder und versteckten das Elend, zu dem ich geworden war. Meine Gedanken kreisten und versuchten sich ein Bild von dieser schier aussichtslosen Situation zu machen. Ein Bild, das den weißen Schnee verblassen und endlich Klarheit in die Verwirrtheit meiner Gedanken bringen sollte.

Doch meine Gedanken waren besessen von den Schmerzen. Ich fühlte nur noch die Kälte, die mich wie ein Schleier umgab. Immer mehr Schnee fiel auf mich nieder und füllte jetzt sogar meinen Mund. Anfangs hustete ich noch und konnte auf diese Weise etwas Zeit schinden, doch es folgte immer mehr Schnee. Meine Hände waren eingefroren, die Arme zu steif, um sie zu bewegen. Ich konnte mir nicht einmal mehr den Schnee aus dem Gesicht wischen. Das kalte Eis in meinem Mund schmerzte und betäubte meine Zunge.

Ein paar Gedanken schlichen sich wieder ein. Wieso war ich hier draußen? War ich hinausgegangen, um jemanden zu suchen? Um nach dem Rechten zu sehen? Hatte ich mich in der Dunkelheit verlaufen? Ich erinnerte mich nicht! Oder doch? - Jetzt fiel es mir ein!

Draußen vor dem Haus war ein Geräusch gewesen. Ich wollte nachsehen und lief hinaus, als mich etwas Schweres am Kopf getroffen hatte. Ich sackte zusammen und ging zu Boden. Dann erwachte ich hier, mitten im weißen Feld, rings umgeben von Schnee. Wo war ich überhaupt? Ich konnte die Gegend nicht lokalisieren. Wie weit war ich von meinem Haus entfernt?

Es war dumm gewesen, ganz allein in dieser Einöde zu wohnen. Ein Risiko, dessen ich mir stets bewusst war. Auch wenn ich diese Gedanken immer mehr verdrängt und mich schließlich in falscher Sicherheit gewogen hatte. Wo war mein Angreifer jetzt? War er noch in der Nähe? Wollte er mich wirklich hier draußen sterben lassen? Hatte er es sich in meinem Haus gemütlich gemacht?

Die vielen Fragen lenkten mich kurz ab und ließen mich für einen Moment die Schmerzen und die schlichte Aussichtslosigkeit meiner Situation vergessen. Für einen Moment schien sich der Schneesturm zu legen und die Luft still zustehen. In der Ferne erblickte ich einen Lichtschimmer in der Dunkelheit. Beleuchtete Fenster? Mein Haus! Doch es schien so weit weg zu sein.

Bevor ich aus diesen Gedanken neue Kraft und Hoffnung ziehen konnte, lullte mich die Kälte wieder ein. Der viele Schnee in meinem Mund nahm mir den Atem. Langsam verfiel ich in ein Delirium und der Schmerz ließ letztendlich nach. Mein Blick wurde glasig und das saubere Weiß um mich herum verschwamm vor meinen Augen. Eine plötzliche Wärme durchdrang mich und hüllte mich ein.

Bevor ich im weißen Licht davon getragen wurde, war mein letzter Gedanke, ob man mich hier finden würde oder ob ich ewig hier liegen bleiben müsste, begraben unter dieser weißen Last. Nur knappe hundert Meter von der eigenen Haustür entfernt.

© 2010 by Merci

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